Abschied von Brigitte Roggendorf

 

Zu diesem Stelldichein der Taunusmeute auf dem Hof Hirtenberg ist niemand gern gegangen. Aber sehr, sehr viele sind trotzdem gekommen, um Abschied zu nehmen von der tödlich verunglückten Brigitte Roggendorf. Die Familie Mettenheimer hatte auf ihrer Reitanlage einen würdevollen Rahmen geschaffen für die Feier im Gedenken an die 49-jährige, die in Ausübung ihres Amtes als Master gestorben ist.

Etliche Weggefährten aus fast allen Meuten in Deutschland gaben ihrer Trauer Ausdruck, allen voran Dr. Konstantin Mettenheimer für die Taunus-Meute und Sabine Walther als Vertreterin der Fuldaer Jagdreiter. Dr. Michael Weiler erinnerte an viele gemeinsame Jagden, die die Taunusmeute gemeinsam mit den Vogelsberger Beagles bestritten hat. Philipp Jakob, Hunting Referent der Deutschen Schleppjagdvereinigung als Bundesverband der deutschen Meutehalter überbrachte die Rede des Vorsitzenden der DSJV, Egbert von Schultzendorff.

Dies ist seine Trauerrede:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Familie Roggendorf, –

wir hier sind alle entsetzt und tief getroffen. Und nicht anders geht es den vielen, die heute nicht hierher kommen können. Die Trauer um Brigitte Roggendorf lastet schwer auf jedem einzelnen von uns, manche fühlen sich wie gelähmt. Zwei Jagden hat die Taunusmeute abgesagt.

Trauer nach einer Jagd ist sehr, sehr selten. Jagdreiter, angekommen am Halali-Platz, sind glücklich und erfüllt. Was haben sie auf dem Ritt hierher erlebt? Sie sind den Hunden gefolgt. Sehr schnell. Haben die Hunde beobachtet. Wie sie dem Kopfhund folgen, manchmal überschießen und dann mit lautem Geläut wieder auf die Fährte zurückfinden. Eine Jagd zu reiten, ist immer ein Erlebnis in Gesellschaft. Wir reiten mit Freunden und Bekannten, – aber auch zusammen mit Fremden. Hinter der Meute sind wir alle miteinander vertraut. Warum? – Weil uns eine unbändige Passion antreibt. Auch über Hindernisse. Die Gefahr ist jedem von uns bewusst. Deshalb tragen wir den Helm, – nicht mehr die Kappe. Sicherheit ist alles. Das Tragen einer Weste ist allseits empfohlen. Mein Pferd und ich als sein Reiter sind trainiert. Beide sind wir fit für die Jagd, – und herausgeputzt. Alles ist so schön. Die Natur in herbstlicher Färbung und die Hunde. Drei Farben mit Zwischentönen.

Hinter der Meute das bunte Feld der Reiter. Nur fröhliche Gesichter. Lachen, Freudenrufe. Aber auch Konzentration. Die Harmonie der Bewegungen von Pferd und Reiter verlangt Anspannung von beiden. Wir verlassen uns aufeinander. Der Reiter auf das Pferd und das Pferd auf den Reiter. So gewinnen wir Raum und Freiheit, – im Galopp über Stock und Stein. Wie im Flug. Gefühlt: abgehoben. Du spürst: Da ist mehr als Du und ich, als Hunde und Pferde, mehr als farbenfroher Herbst. Zu hören ist nichts. Der Wind pfeift laut unter dem Helm. Es gibt auch keinen besonderen Geruch neben dem von Kiefern, Tannen und Douglasien auf feuchtem schattigem Waldboden. Du kannst auch nicht nach etwas greifen, hast ja die Zügel fest in der Hand. Dann der Stopp. Die Hunde erfrischen sich in der Pfütze. Und Du sitzt im Sattel, klopfst Deinem Pferd glücklich und dankbar auf den Hals. Um Dich das pralle Leben. Was war das wieder für eine schöne Schleppe? Wie hat uns die Meute geführt? Das Miteinander. Die Strecke. Die Bögen durch abgeerntete Schläge. Die Hindernisse. Die Gräben. Das alles war eben noch. Ist nun überstanden. Da ist aber noch etwas, – jetzt. Du sitzt im Sattel, hast die letzte Schleppe hinter Dir. Du bist erfüllt. Jagdreiten wirkt tief. Unbegreifbar. Es liegt etwas Erhabenes in der Jagdreiterei. Du fühlst Dich frei, erlöst und total gestärkt mit dem Gefühl weiter Harmonie, in der Natur, hinter den Hunden, auf dem Pferd und mit vielen anderen zusammen, die sicher Ähnliches spüren. Wir haben das Gefühl, mit der Welt und uns im Reinen zu sein, – auch wenn das Pferd gerade noch bockte, – noch nach einer Handvoll Hunden gesucht werden musste, die von der Fährte abkamen und den Anschluss noch nicht fanden. Du bist auch bereit, dem Mitreiter zu verzeihen, der Dich gerade im Geradeaus-Galopp auf das Hindernis zu störte.

Die körperliche Anstrengung, das Naturerlebnis, die Gemeinschaft mit anderen, das Risiko und bei der Masterin noch die Verantwortung für das Gelingen der Präsentation der Meute geben uns, wenn alles gelingt, ein fast mit Händen greifbares Glücksgefühl. Dafür dankst Du, Jagdreiter, Deinem Pferd. Alle danken dem Veranstalter für eine ideenreiche Jagd; die viele Mühe der anstrengenden Vorbereitung hat sich gelohnt. Und wir alle – Mitreiter und Zuschauer – danken der Masterin, die mit ihrer Equipage die Meute mit Hingebung trainiert, keinen Hund aus den Augen verliert und auf den Schleppen mit Weitblick und sicher die jagende Meute im Griff hat. Zusammen, in der Gemeinschaft Vertrauter, haben wir etwas erreicht. Jeder einzelne hat davon seinen Gewinn, und für die Gemeinschaft ist es eine große Bereicherung.

Das Freizeit-Leben von Brigitte Roggendorf war darauf ausgerichtet, dieses Glück zu erlangen und uns anderen zu geben, – lange Jahre, ganz intensiv, mit fast grenzenloser Empathie und mit großem Erfolg für uns alle. Mitten in dieser Vollkommenheit von Glück und Dank ging das Leben von Brigitte Roggendorf zu Ende. Wir sind und bleiben ihr dankbar für ihre Hingabe zum Meuteleben und der Jagdreiterei. Die Deutsche Schleppjagdvereinigung verneigt sich vor dieser Lebensleistung voller Bewunderung.

Egbert v. Schultzendorff MFH

für die Deutsche Schleppjagdvereinigung“

Fotos: Peter Jäger/www.givemeasmile.de